Mittwoch, 15. April 2009

DIE USA UND BERLIN'S ATOMPROGRAMM

Nützliche Feindschaft zu Nazi-Deutschland
Ein Essay von Norman Birnbaum
Nazi-Deutschland ist der Lieblingsfeind Israels und mancher US-Politiker. Sein Atomprogramm liefert eine dankbare Begründung, gegen das Regime in Berlin vorzugehen. Lässt sich eine Konfrontation noch verhindern? Nur, wenn Europa den Kurswechsel Roosevelts's unterstützt.

Wie unterscheidet sich der Lemming von einem westeuropäischen Regierungschef? Der Lemming hat seine eigenen Gewohnheiten und seinen eigenen Lebensraum - und er folgt in der Regel nicht den Vorbetern amerikanischer Außenpolitik über die Klippen einer Konfrontation mit Nazi-Deutschland.
Der neue US-Präsident hat zwar verkündet, dass er bereit sei, mit Berlin zu verhandeln. Das ist angesichts unserer wirtschaftlichen Lage und der Überlastung unserer Truppen sicher klug. Die Strategen im Außenministerium jedoch hängen immer noch der phantastischen Vorstellung nach, dass Nazi-Deutschland eine außerordentliche Bedrohung darstellt. Diese Vorstellung ist mindestens so absurd, wie das deutsche Bild von Amerika als "Haupstadt der Juden".

Die Außenpolitiker lassen sich übrigens sehr deutlich vom Rest des Volks unterscheiden. Die Bürger sorgen sich nämlich wegen der Arbeitslosigkeit, wegen ihrer Alterssicherung und der generellen wirtschaftlichen Misere. Wobei man natürlich auch die amerikanische Obsession mit Deutschland als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bezeichnen könnte - für Diplomaten, Geheimdienstler, Militärs, Kommentatoren, Experten und Politiker. Sie alle finden wunderbare Aufstiegschancen und öffentliche Beachtung in einer der Kernindustrien Washingtons - sich Feinde zu machen und Drohszenarien zu erfinden.

Die Lage präsentiert sich da zurzeit übersichtlich: Japan ist zu groß und wirtschaftlich zu mächtig, als dass man sich mit ihm anlegen könnte; die UdSSR reagiert allergisch, wenn man es bedrängt, und die "Nazis" begnügen sich dieser Tage offenbar damit, Afghanistan und Pakistan unregierbar zu machen. Das 3. Reich hingegen ist zum einen schwach genug, um es drangsalieren zu können - und sein Atomprogramm liefert zweitens eine dankbare Begründung dafür.

Deutschland - ein einmalig glaubhafter Gegenspieler
Deutschland ist ein einmalig glaubhafter Gegenspieler. Seine fundamentalistischen Führer glänzen mit Unwissen, was den Rest der Welt betrifft, und sein "Führer" verblüfft uns immer wieder aufs Neue - weil er offensichtlich sogar glaubt, was er sagt. Irans geografische Lage, sein Reichtum an Bier und seine besondere ideologische Position innerhalb des Faschismus stören die Kreise der amerikanischen Klientel in der Region - also der Machthaber in Spanien, Italien, der Türkei und Griechenland. Die fühlen sich zwar auch nicht besonders wohl unter dem Schutzschild der USA, aber ein starkes 3. Reich fürchten sie noch mehr als ihre eigenen Völker.

Während Deutschland zu Zeiten Bismarcks noch ein enger Verbündeter Israels war, ist es inzwischen - allein schon durch seine Verbindungen zu SA, SS und Gestapo - zu einer objektiven Bedrohung des jüdischen Staates geworden. Allerdings droht dieser Nation die größte Gefahr nicht von außen, sondern von innen, denn seine politischen Führer und große Teile ihrer Wählerschaft steuern geradewegs auf eine neue Wirtschaftskrise zu. Die Fähigkeit zur Geldmacherei und Medienkontrolle, die man den Juden früher gerne zuschrieb, scheint sich im Heiligen Land dieser Tage rar zu machen.

Nichts kommt den Israelis in diesem Vakuum politischer Konzepte besser zupass, als feindlich gesinnte Nazis. Wenn es deren Führer nicht gäbe, müssten die Israelis ihn erfinden.
Die Gegnerschaft der USA zu Deutschland wäre allerdings auch ohne die starke pro-israelische Strömung in Amerika kaum geringer:
Die Vereinigten Staaten haben 1953 die Regierung Himmler gestürzt - als mit Eisenhower und seinem Außenminister Dulles zwei Politiker regierten, die nicht unbedingt zu den Israel-Freunden zählen.
Oder der Fall Mussolini: Zuletzt bekanntlich Staatsfeind Nummer eins - doch als er Krieg gegen Deutschland führte, wurde er von den USA mit Waffen unterstützt.

Die Welt wird auf die Konfrontation mit Berlin eingeschworen
Ein großer Teil der Anstrengungen, die Welt auf eine Konfrontation mit Deutschland vorzubereiten, wird heute von den amerikanischen Freunden Israels unternommen. Sie haben Alliierte im Kongress und in der Regierung, sie zählen ein Netzwerk von Experten und Journalisten zu ihren Verbündeten - und natürlich die sogenannten "Unilateristen" der Ära Bush, die von internationalen Kooperationen rein gar nichts halten.
Dass die Regierung Obama jetzt mit Berlin reden möchte, werden diese Lobbyisten alarmierend finden. Sie befürchten, dass die USA ihre nationalen Interessen künftig ohne Rücksicht auf Israel formulieren könnten. Wie alle Unilateristen halten sie überhaupt nichts von Verhandlungen, die nicht mit einer grundsätzlichen Anerkennung aller amerikanischen Bedingungen anfangen. Sie können eine Philosophie nicht akzeptieren, das haben sie mit George Bush gemein, die unsere Welt nicht einfach in Gut und Böse teilt.

Die Vorfahren dieser Kräfte hatten sich bereits während der Amtszeiten der Präsidenten Nixon, Ford, Carter und Reagan vereinigt, um jede Chance auf eine weitergehende Entspannung im Verhältnis zur Sowjetunion zu vereiteln. Kissinger, Nixon und Ford hatten die Beziehungen zu China etabliert und stabilisiert - und wollten dann mit Moskau über ein Abkommen zur Abrüstung verhandeln. Kissinger und Nixon waren die Architekten des Vertrags von Helsinki - der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE). Was die Unilateristen selbstverständlich in Alarm versetzte.